Dialog statt Populismus |
Die „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ fordert eine differenzierte Sicht auf die Vorfälle in und außerhalb der Stadien: Dialog statt Populismus
Mit Verwunderung nimmt die AG Fanänwälte zur Kenntnis, dass die Fußballverbände (DFB und DFL) nun das Gespräch mit den Generalstaatsanwaltschaften und sogar dem Generalbundesanwalt suchen und dort offenbar für eine "härtere Gangart der Justiz" werben wollen.
Wenn der Kollege Dr. Rauball öffentlich über die angeblich zu weit gehende "Nachsicht sehr verständnisvoller Gerichte" fabuliert und sich zum Beleg für diese These allein auf angebliche Stimmen aus der "Bevölkerung" beruft, offenbart er nicht nur seinen Hang zu Populismus, sondern vor allem eine weitgehende Unkenntnis der Materie. Nach den Erfahrungen der Mitglieder der AG Fananwälte existiert bereits heute an fast allen Fußballstandorten eine Art "Sonderstrafrecht" für Fußballfans. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass aus generalpräventiven Überlegungen heraus auch bei Bagatelldelikten keine Verfahrenseinstellung erfolgt, dass auch bei Ersttätern Haftstrafen verhängt werden usw.
Der Gesprächswunsch der Verbände mit den Strafverfolgungsbehörden irritiert aber vor allem auch deshalb, weil dieselben Verbände gerade erst den Dialog mit der
Bislang waren vor allem die Polizeigewerkschaften dadurch aufgefallen, dass sich ihre Führungspersonen regelmäßig mit sensationsheischenden populistischen Stellungnahmen zum Thema der Sicherheit bei Fußballspielen äußern. Dass sie dabei auch die Forderung nach einer Kostenbeteiligung der Vereine erheben, erregt bekanntlich den Unmut der Fußballverbände und –vereine.
Wenn nun aber DFB und DFL es für eine sinnvolle Strategie halten, den Populismus der Polizeigewerkschaften noch zu übertrumpfen und lediglich die eine populistische Forderung – Kostentragung der Vereine für Polizeieinsätze – durch eine andere ebenso populistische Forderung – den Ruf nach einer „härteren Gangart“ der Justiz – zu ersetzen, so begibt man sich auf einen gefährlichen Irrweg.
Wer ernsthaft an einer Lösung bestimmter Probleme rund um den Fußball interessiert ist, für den kann es zum Dialog keine Alternative geben. Wer immer wieder den Prozess einer "Selbstregulierung" der Fanszenen fordert, sollte einen Zusammenschluss von über 150 Ultragruppierungen verschiedener Vereine als Gesprächspartner ernster nehmen.
Wenn statt dessen jetzt verschiedene Manager und Funktionäre des Profifußballs immer öfter öffentlich über eine Ausgrenzung ganzer Fangruppen (durch Abschaffung von Stehplätzen oder Preiserhöhungen, durch den Ausschluss von Gästefans etc.) nachdenken, so wird das keinesfalls zu einer Befriedung der Fanszenen beitragen. Im Gegenteil: wenn weite Teile der Fans sich nicht ernst genommen fühlen, als unerwünscht gelten, übertriebene staatliche Repression sowie lediglich auf Verdacht ausgesprochenen mehrjährige Stadionverbote erfahren und auch medial nur als dumpfe unerreichbare Gewalttäter wahrgenommen und dargestellt werden, so leistet man eher einer Radikalisierung der Betroffenen Vorschub. Am Ende stehen weitere Gewaltausbrüche und erneut der Ruf nach mehr Repression und Ausgrenzung.
Die „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ fordert deshalb die Fußballverbände auf, den Dialog nicht nur mit Staatsanwälten und Innenministern zu suchen, sondern diesen auch mit den betroffenen, dialogbereiten Fans zu führen. Insbesondere die Gespräche mit der
30. Oktober 2011
Arbeitsgemeinschaft Fananwälte
Die „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ ist ein Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die regelmäßig Fußballfans vertreten und selbst zum Teil jahrelange Erfahrung in den Fankurven haben. Weitere Informationen unter www.fananwaelte.de. Jahn-Rüdiger Albert ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft.
Zuletzt geändert am: 30.10.2011 um 16:18
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