Neues Gesetz: Zeugen müssen künftig zur Polizei - Recht auf Zeugenbeistand

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Gesetzesänderung mit gravierenden Auswirkungen auf die Stellung von Zeugen im Strafprozess verabschiedet - Fahrverbote als neue Sanktionsform
 
Der Bundestag hat vergangene Woche die Änderungen der Strafprozessordnung beschlossen. Die Kritik aus Wissenschaft und Anwaltspraxis zur Verbesserung der Dokumentation der strafrechtlichen Hauptverhandlung wurde im Wesentlichen nicht aufgenommen. Auch künftig erfolg in Strafprozessen in der Regel keine verwertbare Protokollierung des Inhalts von Beweisaufnahmen.
 
Neu eingeführt wird die Möglichkeit, Fahrverbote auch für Straftaten, die nicht im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen stehen, zu verhängen. Die Nebenstrafe kann somit neben Geld- oder Freiheitsstrafe bei allen Delikten verhängt werden.
 
Darüber hinaus bedarf es für die Anordnung von Blutentnahmen keiner richterlichen Anordnung mehr. Erst unmittelbar vor dem Beschluss im Bundestag wurden noch umfassende Ermittlungsbefugnisse für Online-Durchsuchungen bzw. IT-Abhörmaßnahmen eingefügt.
 
Besonders gravierend werden die Auswirkungen für Zeugen sein. Diese mussten bisher bei der Polizei keine Aussage machen - ganz unabhängig davon, ob sie ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht hatten. Die Polizei hatte bisher keine Befugnis, einen Zeugen zu einer Aussage zu zwingen. Das ändert sich nun insoweit, als künftig die Polizei Zeugen zur Vernehmung laden kann und im Falle des Nichterscheinens mittels Ordnungsgeld und Ordnungshaft die Vernehmung erzwungen werden kann. Zwar bedarf es zur Anordnung der Ladung einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft, auch kann das Ordnungsgeld die Polizei nicht selbst anordnen.
 
Allerdings wird die neue Regelung in der Praxis dazu führen, dass die Polizei deutlich mehr Druck auf eine sofortige Aussage von Zeugen nehmen wird. Eine solche Befugnis ist dem Gesetzwortlaur nicht zu entnehmen. Jeder Zeuge hat auch weiterhin das Recht, sich von einem Rechtsanwalt als Zeugenbeistand vertreten zu lassen. Dies ist besonders wichtig, da häufig weder der Zeuge noch der Polizeibeamte den Umfang und das Bestehen von Zeugnisverweigerungs- oder Auskunftsverweigerungsrechten vollständig realisieren. Darüber hinaus ist zwischen der Stellung als Beschuldigter oder Zeuge in einem Ermittlungsverfahren oftmals ein schmaler Grad.
 
Im Falle der Ladung als Zeuge (wie diese erfolgen muss, hat der Gesetzgeber nicht geregelt) ist somit künftig höchste Vorsicht geboten. Dabei kommt dem Recht, sich eines Zeugenbeistandes noch größere Bedeutung zu.

Zuletzt geändert am: 25.01.2018 um 23:57

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